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Vollversammlung verabschiedet Resolution

Kritischer Blick auf bisher erreichte Leistungen der Ampelkoalition – Forderungen für den Rest der Legislaturperiode

Die Vollversammlung der Handwerkskammer Chemnitz hat am Samstag, den 17. Juni, in Eibenstock eine Resolution verabschiedet, die ein Resümee der bisherigen Arbeit der Ampelkoalition zieht und Handlungsschwerpunkte für den Rest der Legislaturperiode benennt.

Die gewählten Vertreter des regionalen Handwerks fordern die Bundesregierung und die drei Regierungsfraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP mit der Resolution auf, in der verbleibenden Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl folgende vier Punkte umzusetzen:

  1. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen müssen die Energiewende und alle damit verbundenen Transformationsprozesse fair, transparent und realistisch umsetzbar gestaltet werden.
  2. Dieser Transformationsprozess kann nur mit gut ausgebildeten Fach- und Arbeitskräften gelingen, an denen es immer mehr fehlt.
  3. Jegliches politische Handeln muss Gesellschaft und Wirtschaft zugutekommen. Eine Bevorzugung Einzelner darf es nicht geben.
  4. Eine nachhaltige Reform der Sozialsysteme – vor allem unter Einhaltung der 40-Prozent-Marke bei den Sozialversicherungsbeiträgen – muss jetzt in Angriff genommen werden.

Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner: „Die Diskussion über die Einführung einer Gasumlage, das neue Gebäudeenergiegesetz oder das Ende der Braunkohlenutzung in Deutschland haben uns beispielhaft deutlich gemacht: Innerhalb der Ampelkoalition gibt es viele Differenzen. Die Hälfte der Legislaturperiode ist aber fast vorbei und eigentlich haben wir nicht die Zeit, um bei jedem neuen Gesetzesvorhaben langwierig zu streiten oder dieses nach kurzer Dauer wieder zurückzuziehen. Die Herausforderungen sind groß genug mit der Energiewende, den Unsicherheiten auf den Weltmärkten oder dem immer stärker zu spürenden Mangel an Fach- und Arbeitskräften. Die Bundesregierung und die drei Koalitionsfraktionen sind daher gut beraten, zielgenau, realistisch und nachhaltig die kommenden zwei Jahre zu nutzen, um wichtige Weichenstellungen für unsere Gesellschaft und Wirtschaft auf den Weg zu bringen und dabei alle Beteiligten mitzunehmen und niemanden zu bevorzugen oder zu benachteiligen.“

Die Vollversammlung der Handwerkskammer besteht aus 39 gewählten Vertretern aus verschiedenen Gewerken und verschiedenen Regionen des Kammerbezirks. 26 Mitglieder der Vollversammlung sind Arbeitgeber, 13 sind Arbeitnehmer. 

Vollständiger Text der Resolution:

Fast die Hälfte der Legislaturperiode des aktuellen Deutschen Bundestages ist vorüber. Die Bundesregierung ist seit 556 Tagen im Amt. Es ist daher der geeignete Zeitpunkt, um aus Sicht des Handwerks im Kammerbezirk Chemnitz ein kritisches Resümee zu ziehen und aufzuzeigen, welche Grundlagen politischen Handelns für die Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl, die voraussichtlich im September 2025 stattfindet, gelten müssen.

Geprägt war die bisherige Amtszeit der Bundesregierung vom Krieg in der Ukraine. Wir als regionales Handwerk sehen es nicht als unsere originäre Aufgabe an, Ratschläge und Forderungen zur Außenpolitik zu machen. Anders verhält es sich mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung: Hier stellen wir fest: Viel zu oft wird partei-programmatisches Denken über zielführende und pragmatische Lösungsansätze gestellt. Dies kann sich eine deutsche Volkswirtschaft nicht leisten: Das hin und her bei der Gasumlage, langwierige Abstimmungsprozesse innerhalb der Koalition, Unklarheiten und zeitliche Verzögerungen beim Zustandekommen von Hilfsprogrammen, kurzfristige Streichungen von Förderungen oder Sparen statt Investieren tragen nicht zu Vertrauen in und Akzeptanz für das Handeln der Bundesregierung bei. Aber nicht alles war falsch: So konnte beispielsweise eine Gasmangellage verhindert werden. Und die Gas- und Strompreisbremsen sowie Härtefallhilfen für andere Energieträger zeigen Wirkung und helfen den Betrieben.

Dennoch fordern wir, dass die Bundesregierung und die drei Regierungsfraktionen im Deutschen Bundestag für den Rest der Legislaturperiode folgende Punkte umsetzen:

  • Aufgrund der bisherigen Erfahrungen müssen die Energiewende und alle damit verbundenen Transformationsprozesse fair, transparent und realistisch umsetzbar gestaltet werden. Es sind die entscheidenden Grundlagen zu schaffen, die für die Umsetzung notwendig sind – gemeinsam mit allen Beteiligten und nicht von oben herab. Gleichzeitig ist bereits heute eine Evaluation bei den finanziellen und vor allem personellen Rahmenbedingungen für die Umsetzung notwendig. Nur mit entsprechenden finanziellen Hilfen findet sich in der Gesellschaft und Wirtschaft auch die notwendige Unterstützung für den Transformationsprozess.
  • Dieser Transformationsprozess kann nur mit gut ausgebildeten Fach- und Arbeitskräften gelingen, an denen es immer mehr fehlt. Statt beispielsweise eine nicht notwendige Ausbildungsplatzgarantie zu schaffen, sollten die dafür verwendeten Ressourcen stärker und gezielt in die berufliche Bildung und Berufsorientierung investiert werden. Auch wenn hier kurzfristig keine Verbesserungen zu erwarten sind, kann jetzt die Grundlage dafür geschaffen werden, um mittel- und langfristig mehr Fach- und Arbeitskräfte zu gewinnen.
  • Jegliches politische Handeln muss Gesellschaft und Wirtschaft zugutekommen. Eine Bevorzugung Einzelner darf es nicht geben. Die Schaffung beispielsweise eines Industriestrompreises, der nur wenigen Industriebetrieben nützt, der Rest der deutschen Wirtschaft aber davon nicht profitiert, ist schlicht Wettbewerbsverzerrung.
  • Eine nachhaltige Reform der Sozialsysteme – vor allem unter Einhaltung der 40-Prozent-Marke bei den Sozialversicherungsbeiträgen – muss jetzt in Angriff genommen werden. Um der Alterung der Gesellschaft, fehlenden Fach- und Arbeitskräften sowie der Digitalisierung der Arbeitsprozesse auch bei den Sozialversicherungen Rechnung zu tragen, braucht es eine tiefgreifende Reform der Systeme, die sowohl auf die Interessen der Wirtschaft als auch der Beitragszahler Rücksicht nimmt. Generationengerechtigkeit muss hier gelebt werden.
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