Es sind verschiedene Tageszeitungen zu sehen.
Foto: pixabay

Flächendeckende Versorgung mit Berufsschulen hält junge Menschen in der Region

Gemeinsame Position von Handwerkskammer Chemnitz, OB Ludwig und den Landräten Damm, Keil, Dr. Scheurer und Vogel zur sächsischen Berufsschulnetzplanung

Bei einem Pressegespräch am Montag (23.9.) in Chemnitz haben Handwerkskammer und Schulträger aus dem Landesdirektionsbezirk Chemnitz gemeinsam an die Landesregierung appelliert, die Berufsschulnetzplanung transparent zu gestalten und zügig abzuschließen. Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner, die Chemnitzer Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig und die Landräte Matthias Damm (Landkreis Mittelsachsen), Rolf Keil (Vogtlandkreis), Dr. Christoph Scheurer (Landkreis Zwickau) und Frank Vogel (Erzgebirgskreis) verabschiedeten eine gemeinsame Erklärung:

„Zur Fachkräftesicherung im Handwerk braucht es eine leistungsfähige duale Berufsausbildung in der Region. Schulträger der öffentlichen Berufsschulen und die Handwerkskammer Chemnitz sehen sich als Partner und Mitgestalter im dualen System. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Freistaat Sachsen ist auf ländliche und städtische Regionen gleichermaßen angewiesen. Ein qualitativ hochwertiges, für junge Menschen attraktives und gut erreichbares regionales Berufsschulangebot ist eine wichtige Voraussetzung, um junge Menschen in der Region zu halten. Berufliche Schulzentren und Handwerksunternehmen tragen wesentlich zur Aktivierung lokaler Potenziale an ihren Standorten bei. Handwerksbetriebe und Berufsschulen werden vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung eine noch größere Bedeutung erhalten. Die Handwerkskammer Chemnitz und die öffentlichen Schulträger im Kammerbezirk unterstützen die Zielstellung, die mit der zentralen Berufsschulnetzplanung verbunden ist – mittel- und langfristig gesicherte Standorte in der Schullandschaft. Das dient der Planbarkeit für die Ausbildungsbetriebe und die Auszubildenden gleichermaßen.

Wir fordern daher:

Die im Sächsischen Schulgesetz verankerte zentrale Berufsschulnetzplanung zur Stärkung der Leistungsfähigkeit und Eigenständigkeit der öffentlichen beruflichen Schulzentren ist jetzt umzusetzen.

Die Schulträger sind von Beginn an in den Planungsprozess einzubinden.

Berufsschulische Kapazitäten sind bedarfsgerecht im Interesse der Auszubildenden und der Ausbildungsbetriebe aufrechtzuerhalten. Dabei haben Qualität und Attraktivität in der dualen Berufsausbildung Vorrang.

Im ländlichen Raum und in der Stadt Chemnitz sollen wirtschaftlich lebensfähige Standorte gesichert werden.

Zur Sicherung qualitativ bewährter Standorte bietet die Fachklassenliste eine gute Basis. Bereits getätigte Investitionen in den einzelnen Schulstandorten sind bei der Schulnetzplanung zu berücksichtigen.

Der Prozess der Entscheidungsfindung ist durch die oberste Schulaufsichtsbehörde für die Beteiligten in hohem Maße transparent zu gestalten. Eventueller Dissens in einzelnen Standortfragen ist rechtzeitig vor der Entscheidung aufzuzeigen. Bei Dissens können gewerke- bzw. fachspezifische Runde Tische eingerichtet werden. Hier konnten bereits gute Erfahrungen gesammelt werden.

Mindestschülerzahlen zur Bildung von Fachklassen dürfen nicht als starre bürokratische Vorgaben betrachtet, sondern müssen sich flexibel am aktuellen regionalen Bedarf orientieren. Die Vorausberechnungen der Schüler- und Absolventenzahlen müssen entsprechende Gewichtung erhalten.

In die Diskussionen der zentralen Schulnetzplanung sollte im Kontext des Lehrerbedarfs und langer Wege zu Berufsschulen auch das Thema internetgestützte Lernplattformen einbezogen werden.“

 

Hintergrund:

Schüler- und Absolventenprognose (2018) für den Freistaat Sachsen bis zum Schuljahr 2030/31: Das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen erstellt im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus Vorausberechnungen der Schüler- und Absolventenzahlen an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen werden in ca. 10 Jahren mindestens 8,5 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen in Sachsen erwartet. Auch an berufsbildenden Schulen soll sich der Anstieg der Schülerzahlen fortsetzen. Bis zum Schuljahr 2030/31 sollen nach den Vorausberechnungen je nach Berechnungsvariante die Schülerzahlen auf 110 bzw. 112,8 Tausend steigen, im Herbst 2017 waren es noch 102,2 Tausend. Das sind ca. 8 bzw. 10 Prozent mehr Schülerinnen und Schüler als im Schuljahr 2017/18. In beiden Varianten der Vorausberechnungen erwartet man über den gesamten Prognosezeitraum einen kontinuierlichen Anstieg der Schülerzahlen. Seit dem Schuljahr 2016/17 steigen in Sachsen die Schülerzahlen in den berufsbildenden Schulen wieder an, nachdem diese zuvor 10 Jahre kontinuierlich zurückgegangen sind.

Quelle: Florian Peters, Schüler- und Absolventenprognose für den Freistaat Sachsen bis zum Schuljahr 2030/31, Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, Fachbeitrag Nr. 16/2018

IW-Report 26/19: Während deutschlandweit durchschnittlich auf 100 qualifizierte Arbeitnehmer rechnerisch 7,1 junge Menschen in Berufsausbildung kommen, sind es im Osten in fast allen ländlichen Regionen weniger als fünf. Die Forscher des IW empfehlen einen breiten Ansatz, um betroffene Regionen attraktiver zu machen, u. a. eine ausreichende Versorgung mit Berufsschulen.

Quelle: Von Abwanderung betroffene Arbeitsmärkte stärken, IW-Report 26/19, Institut der deutschen Wirtschaft (IW), Köln, 2019

Alle Pressemitteilungen