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Vollversammlung der Handwerkskammer Chemnitz verabschiedet Resolution und fordert deutliche Stärkung der dualen Berufsausbildung

Die Vollversammlung der Handwerkskammer Chemnitz hat am Samstag, den 18. Juni, in Lichtenwalde eine Resolution zur Stärkung der dualen Berufsausbildung verabschiedet.

Die gewählten Vertreter des regionalen Handwerks verbinden mit der Resolution die Forderung, die duale Berufsausbildung endlich gleichwertig mit der akademischen Ausbildung anzusehen und dafür die notwendigen rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen zu schaffen.

Das Handwerk im Kammerbezirk Chemnitz fordert in der Resolution folgende vier Punkte:

  1. Berufliche und akademische Bildung sind gleichwertig und müssen demzufolge auch finanziell gleichmäßig ausgestattet werden.
  2. Bei der Überbetrieblichen Lehrunterweisung (ÜLU) müssen Land und Bund endlich eine Drittelfinanzierung gewährleisten.
  3. Der Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) muss durch ein DQR-Gesetz eine rechtliche Grundlage erhalten.
  4. Innerhalb der Gesellschaft muss das Bewusstsein entstehen, dass ohne das Handwerk die in den kommenden Jahrzehnten vorgesehenen Klimaschutz- und Energieeinsparziele nicht umsetzbar sein werden.

Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner: „Die Klima- und Energieziele in Europa und Deutschland lassen sich nur umsetzen, wenn es auch die entsprechenden Fach- und Arbeitskräfte im Handwerk gibt. Hier haben wir große Sorgen. Es bedarf endlich der Einsicht innerhalb der Gesellschaft und vor allem auch bei der Politik, dass es ohne uns Handwerker nicht geht, dass eine Ausbildung im Handwerk gleichwertig ist mit einer Hochschulausbildung und dass die Vielfalt des Handwerks eigentlich für jeden das passende Angebot bereithält, um sich beruflich und vor allem auch persönlich zu verwirklichen.“

Die Vollversammlung der Handwerkskammer besteht aus 39 gewählten Vertretern aus verschiedenen Gewerken und verschiedenen Regionen des Kammerbezirks. 26 Mitglieder der Vollversammlung sind Arbeitgeber, 13 sind Arbeitnehmer. 

Vollständiger Text der Resolution:

Die duale Berufsausbildung ist ein wertvolles Gut. Die Betriebe des Handwerks bilden ihren eigenen Nachwuchs aus, entschärfen damit selbst den Fachkräftemangel und sichern gleichzeitig den Fortbestand des Betriebes, der gerade in ländlich geprägten Regionen ein bedeutender Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens ist. Und ohne das Handwerk und seine gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden die Klimaschutzziele in Deutschland und Europa nicht umsetzbar sein, denn im Handwerk liegt das praktische Knowhow für diesen bevorstehenden tiefgreifenden Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft.

Trotz dieser eindeutigen Argumente erhält die Ausbildung im Handwerk immer noch nicht jene Anerkennung, die ihr eigentlich aufgrund der Bedeutung zusteht. Werbung in eigener Sache ist wichtig und wird durch die Betriebe auch tagtäglich gelebt. Es braucht aber eine durch Handwerk, Politik und Gesellschaft getragene gemeinsame Strategie und Kampagne, die das Handwerk als Innovationstreiber klar benennt. Außerdem muss die Politik in Land und Bund die Grundlagen schaffen dafür, dass die berufliche Bildung im Handwerk mehr Wertschätzung erfährt und gleichberechtigt wahrgenommen wird mit einer Hochschulausbildung. Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) wäre ein wichtiges Instrument zur Vergleichbarkeit der Qualifikationen zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung. Es fehlt beim DQR aber an Bekanntheit und Akzeptanz und einem rechtlich verbindlichem Rahmen, um missbräuchliche Nutzung zu verhindert.

Aktuelle Zahlen zeigen das Ungleichgewicht zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung. Während im Bundeshaushalt für das Jahr 2022 für den sogenannten die Hochschule betreffenden „Zukunftsvertrag Studium und Lehre“ 1,9 Milliarden Euro vorgesehen sind, sollen in die „Exzellenzinitiative Berufliche Bildung“ 290 Millionen Euro fließen. Bei der überbetrieblichen Lehrunterweisung im Handwerk (ÜLU) als elementarer Bestandteil der dualen Ausbildung gibt es weiterhin keine Drittelfinanzierung zwischen Betrieben, Land und Bund. Zwar hat der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages im April 2022 eine Erhöhung des Zuschuss zur ÜLU in Höhe von rund 10,8 Millionen Euro beschlossen. Allerdings ist diese Mittelerhöhung an die Bedingung geknüpft, dass die Länder Mittel in gleicher Höhe zur Verfügung stellen. Ob dies geschieht, bleibt fraglich. Meist wird darauf verwiesen, dass die Kosten anteilig „bis zu einem Drittel“ getragen werden können. Die Ungleichgewichtung zeigt sich auch bei anderen Statistiken: So blieben deutschlandweit 2021 fast 19.000 Ausbildungsplätze im Handwerk unbesetzt, doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Die Studienanfängerquote ist hingegen seit der Jahrtausendwende von 30 Prozent auf aktuell rund 50 Prozent gestiegen.

Das Handwerk im Kammerbezirk Chemnitz fordert daher:

  1. Berufliche und akademische Bildung sind gleichwertig und müssen demzufolge auch finanziell gleichmäßig ausgestattet werden.
  2. Bei der Überbetrieblichen Lehrunterweisung (ÜLU) müssen Land und Bund endlich eine Drittelfinanzierung gewährleisten.
  3. Der Deutsche Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen (DQR) muss durch ein DQR-Gesetz eine rechtliche Grundlage erhalten.
  4. Innerhalb der Gesellschaft muss das Bewusstsein entstehen, dass ohne das Handwerk die in den kommenden Jahrzehnten vorgesehenen Klimaschutz- und Energieeinsparziele nicht umsetzbar sein werden.
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