Man begrüßt ausdrücklich, dass die Bundesregierung mithilfe des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaneutralität einen massiven Investitionshochlauf finanzieren will, um die in den letzten Jahrzehnten auf Verschleiß gefahrenen Infrastrukturen zu erneuern und die Energiewende bewältigen zu können.
Natürlich bedarf es Tempo, damit diese Mittel wirksam und zügig in Umsetzung gebracht werden. Deshalb hat die Bundesregierung nun auch ein Vergabebeschleunigungsgesetz vorgelegt. Alle Experten wissen aber, dass der größte Hebel zur Beschleunigung nicht beim Bauen und der Vergabe, sondern in den Planungs- und Genehmigungsverfahren davor liegt.
Zu begrüßen ist insbesondere, dass die Bundesregierung am grundsätzlichen Primat der Fach- und Teillosvergabe festhält. Die darüber hinaus vorgesehene befristete und konditionierte Ausnahme vom Losgrundsatz für aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität finanzierte großvolumige Beschaffungsvorhaben, sofern besondere zeitliche Gründe (Dringlichkeit) dies erfordern, stellt einen für alle tragbaren Kompromiss dar. Sie greift Hinweise aus dem Handwerk auf.
Allerdings gibt es auch Stimmen, die das Primat der Fach- und Teillosvergabe grundsätzlich aufweichen wollen, indem „zeitliche Gründe“ generell als Abweichungsmöglichkeit eingeführt und der Grundsatz der Erforderlichkeit gestrichen werden. Dies lehnen die drei Handwerkskammern vehement ab. Denn damit würde die Gesamtvergabe unabhängig von Mitteln des Sondervermögens künftig die Regel. Zeitliche Gründe lassen sich natürlich immer finden. Und Personalengpässe der Kommunen dürfen nicht auf dem Rücken des Mittelstands ausgetragen werden.
Eine solche Aushebelung des Primats der Fach- und Teillosvergabe wäre ein eklatanter Verstoß gegen den Koalitionsvertrag, der den Grundsatz der mittelstandsfreundlichen Vergabe betont.
Weit über 90 Prozent der Baubetriebe sind mittelständisch geprägt. Gesamtvergaben mit überproportionalen Losen oder ÖPP-Modellen würden fast das komplette heimische Baugewerbe sowie das regionale Handwerk und ihre Beschäftigten systematisch ausschließen. Das würde letztlich Wertschöpfung ins Ausland verlagern, den Bieterkreis reduzieren und damit dauerhaft Kostensteigerungen induzieren.
Die dringend notwendigen konjunkturellen Impulse im Wohnungs- und Infrastrukturbau für die regionale Wirtschaft würden dann verpuffen.
Man bittet deshalb die Abgeordneten, sich gegen jede grundsätzliche Aufweichung des Primats der Fach- und Teillosvergabe im anstehenden parlamentarischen Verfahren des Vergabebeschleunigungsgesetzes einzusetzen.